Marilyn in Friesland - sie machte eine gute Figur

Wie wird das wohl sein mit einem L17 auf den Friesischen Meeren, gar auf dem Ijsselmeer? Ich war schon etwas gespannt, als Jutta und ich uns nach problemloser Fahrt am Nachmittag des 16. Juli im Jachthafen von Workum mit Heide und Reinhard trafen.
Alle Mühen der Vorbereitung von Boot und Ausrüstung waren schnell vergessen, denn wir sahen Wasser bis zum Horizont und fühlten den beständigen Wind, der in den nächsten Tagen kaum nachlassen sollte.
Das Wasser von oben ließ aber auch nicht nach, so daß wir, statt aufzutakeln, uns zu Heide und Reinhard in deren Wohnmobil flüchten mussten. Sommerwetter 2011 auch hier! Heide hatte guten Kaffee gekocht und wir sprachen den Ablauf der nächsten Tage durch, wenn, ja wenn das Wetter mitmachen würde.
Das Wetter machte nicht mit, wie wir wollten und ich war gut beraten gewesen, für die Marilyn eine geräumige Kuchenbude zu bauen. Der Auf- und Abbau war zwar immer etwas fummelig, aber Jutta stellte sich dabei so geschickt an, daß die Prozedur schnell erledigt war. Der Regen und der kühle Wind blieben draußen und das Ding hielt bis zum Schluss.
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Geschlafen haben wir in der engen Kajüte während der ganzen Tour wie die Murmeltiere. Das Schaukeln des Bootes, das Plätschern des Wassers unter dem Rumpf und frische Luft satt blieben nie ohne Wirkung.
Am nächsten Morgen war an ein Auslaufen auf das Ijsselmeer nicht zu denken, denn der Wind blies beständig mit 5 Beaufort aus SW und ließ den Regen waagerecht über die Boote fliegen. Wir entschlossen uns deshalb zu einer Fahrt unter Motor durch die Kanäle nach Heeg.
Im Passantenhaven Heegerwal
Zuvor machte der Außenborder-Anfänger Peter gleich nach dem Loswerfen der Leinen die Erfahrung, daß sich Ruderblatt und Propeller überhaupt nicht vertragen. Der erste Scherstift war fällig! Zum Glück hatte ich mir zehn Stück davon angefertigt, das sollte genügen.
Die Kanäle haben alle Namen und so gelangten wir durch It Soal, Djippe Dolte, Klifrak, Lange Fliet, Koarte Fliet, das Grutte Gaastmar und den Yntemasleat in das Heeger Meer.
Hier gab es schon kurze, steile Wellen und als der Wind noch zulegte, machten wir auf der kleinen Insel Leijepolle fest und warteten ab.
Wir hätten lange warten können, denn nur der Regen ließ nach und so fuhren wir unter Motor die 1,8 Seemeilen bis nach Heeg und machten im Passantenhaven Heegerwal fest. Im Laufe des Nachmittags füllte sich unser Hafenbecken noch mit großen und kleinen Wanderjollen, deren Besatzungen entweder auf den Booten oder in kleinen Zelten übernachteten.
Unsere Segelkameraden Joachim Kirsch, Jörg, Claudia und Andreas Fuchs hatten sich eine große Bavaria gechartert und ebenfalls im Passantenhaven angelegt. Mit ihnen zogen wir am Abend durch die kleine Stadt Heeg und kehrten in einer ziemlich düsteren, riesigen Pizzeria ein. Es sollte das einzige Mal sein, daß uns der Hunger helfen musste, das Essen runter zu bekommen.
Unserer guten Laune tat dies keinen Abbruch und wir beschlossen den Tag bei einer guten (oder zwei?) Flasche Wein in der großen Kajüte der Bavaria.
Der neue Tag begann so, wie der alte aufgehört hatte. Es regnete und ein kräftiger Wind mit fünf bis sechs Beaufort blies in die Hafeneinfahrt. Es wird wohl ein Hafentag werden heute, Gelegenheit also, meinen Geburtstag zu feiern.
Es wurde ein schöner Tag und kaum hatte ich die erste Flasche Cremant geöffnet und mit Jutta angestoßen, standen Heide und Reinhard mit der Gitarre am Steg und sangen mir ein Lied. Ich traute zunächst meinen Ohren nicht. Wo hatte der die Gitarre her? Egal, jetzt schnell unter die Kuchenbude und Reißverschluss zu.
Wir feierten, ließen es draußen regnen und uns den Cremant und den Rest des Frühstücks schmecken.
Den Nachmittag verbrachten wir dann mit der Bavaria-Crew in Heeg und es hatte mal aufgehört zu regnen. Es gab viel zu sehen, schöne, kleine, putzige Häuser und schöne Plattbodenschiffe auf den vielen Kanälen.
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Das hier abgebildete Plattbodenschiff zu pflegen, instand zu halten und auch zu segeln haben sich einige gutbetuchte, ältere Herren, die ich kurz kennen lernen konnte, zur Passion gemacht.
Plattbodenschiff
Abends trafen wir uns dann wieder in der Kajüte der Bavaria. Claudia hatte noch einige Käseplatten zurechtgemacht und ich den Rest des Cremant - Ballastes angeschleppt.
Es war einer meiner schönsten Geburtstage .....
Die Gitarre übrigens, die hatte Reinhard auf seinem Boot verstaut, wo sonst. Die Cornichon war so sinnvoll eingeräumt, als würden die beiden zu einer Regatta fahren. Da muss ich beim nächsten Mal einiges anders machen oder zu Hause lassen. Zum Glück behielt Jutta in meinem Chaos den Durchblick.
Am nächsten Morgen schliefen wir alle etwas länger. Ich besorgte wieder eine genügende Anzahl der berüchtigten holländischen Gummibrötchen und nach dem Frühstück legten wir ab. Das Wetter hatte heute mal ein Einsehen, es blieb leicht bewölkt und der Wind wehte mäßig mit drei Beauforts.
Zunächst segelten wir durch das östliche Ende des Heeger Meeres in den Waldseinster Rakken, der Kanal, der mitten durch die kleine Stadt Woudsend führt. Dort gibt es ein hübsches Kanal-Cafe mit einer Anlegemöglichkeit direkt bei den Tischen. Es war noch Platz für uns und so konnten wir schon bald den herrlichen Kaffee und den guten Kuchen genießen. Die Holländer haben ja eine richtige Kaffeekultur, aber hier gab es den besten, den ich auf der Reise genießen konnte. Zu jedem Kaffee gab es noch ein Glas mit Sahne und karamellisiertem Likör. Ich könnte jetzt noch dort sitzen .....
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Um 16.30 Uhr entschlossen wir uns aber, weiterzufahren zu unserem Tagesziel Sloten. Zunächst ging es über das Aquädukt Woudsend in den Kanal De Le und dann auf das Sloter Meer. In Sloten machten wir unsere Boote in einem kleinen Kanalhafen fest. Es war der schönste und ruhigste Liegeplatz der ganzen Reise.
Heide und Reinhard auf dem Heeger Meer
Nach einem Rundgang durch Sloten, dessen Backsteinhäuser aussahen, als stünden sie in einem Museum, fanden wir ein schönes Restaurant mit einer Terrasse neben einem kleinen Kanal. Bei uns bekommen viele Jugendliche, wenn sie alt genug sind, ein Mofa, in Holland einen kleinen Außenborder. Den hängen sie an ihr Schlauchboot und düsen mit ihren Freundinnen über die Kanäle. Das konnten wir von unserem Platz auf der Terrasse gut beobachten.
Das Essen war hervorragend und als wir zu unserem Liegeplatz zurückgingen und wieder die schönen Häuser betrachteten, viel uns auf, daß kaum ein Giebel senkrecht stand. Nein, wir hatten nicht zuviel getrunken, der Untergrund hat hier scheinbar so wenig Festigkeit, daß die Häuser im Laufe der Jahre in irgendeine Richtung abkippen.
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Wir verholten uns rechtzeitig in die Schlafsäcke, denn für morgen hatten wir uns den großen Schlag über das Ijsselmeer zur Westküste nach Enkhuizen vorgenommen.
Im Hafen Lemsterpoort in Sloten
Nach einer Nacht im Tiefschlaf und einem guten Frühstück fuhren wir unter Motor durch das Brandemar, die Kanäle Hjerringsleat und Riensleat und durch das Grutte Bekken in den Prinses Margried Kanal. Hier war umsichtiges Fahren angesagt, denn der Kanal und die große Schleuse werden auch von Frachtschiffen benutzt.
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Vor der Schleuse hatten wir Glück, sie wurde gerade auf unserer Seite geöffnet und die riesige Autobahn-Klappbrücke hochgefahren.
Das Schleusen war kein Problem, an der Schleusenwand waren Ketten gespannt, an denen wir uns halten konnten. Der Wasserstand änderte sich kaum merklich und nach wenigen Minuten öffneten die westlichen Tore und vor uns lag der breite Kanal zum Ijsselmeer. Wir motorten noch bis ans Ende des Kanals und konnten endlich die Segel setzen.
Vor der Prinses Margriet-Schleuse
Alles schien zu passen, der Himmel war nur mäßig bewölkt und der Wind kam mit 2-3 Beaufort aus West-Nordwest. Wenn er so bliebe, könnten wir mit Kurs 240° auf einem Bug bis nach Enkhuizen segeln. Fast 15 Seemeilen auf einem Bug - für einen Losheimer Segler ein Traum. Hier wurde er Realität. Die Hafenstadt Lemmer und die Ostküste verschwanden allmählich achteraus, nur an Backbord konnte man noch das Ufer des Noordoostpolders erkennen.
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Als wir die Tonne RH-B passiert hatten, schlief der Wind etwas ein und wir banden die Boote zusammen, um die längst fällige Kaffeepause zu machen. Wir ließen uns einfach treiben, Platz war ja genug und genossen es, hier zu sein.
An diesem Tag stimmte alles, denn als der Kaffee getrunken und die Kekse gegessen waren, setzte auch der Wind wieder ein und wir konnten Kurs auf Enkhuizen nehmen.
Kaffeepause auf dem Ijsselmeer
Um 19.00 Uhr legten wir im völlig überfüllten Compagnieshaven in Enkhuizen an und blieben gleich am Meldesteig liegen, denn es war richtig voll hier. Mit unseren kleinen Booten hatten wir aber auch hier kein Problem, es war wie mit einem Smart in der Stadt - eine Lücke findet sich immer. Bei den Holländern gibt es übrigens keine Boote von 5,17 Metern, die fangen erst bei sechs Metern an. So bezahlten wir immer die geringste Liegeplatzgebühr.
Im Hafen gab es alles, was Seglers Herz begehrt. Das Sanitärgebäude erstreckte sich über zwei Etagen und war das tollste, was ich je in einem Hafen gesehen habe. Auch die Sauberkeit in diesem und den anderen Häfen war immer vorbildlich.
Das Beste aber war ´De Mastenbar´, das Restaurant, in dem wir diesen schönen Segeltag ausklingen ließen. Im Lokal herrschte ein tolles maritimes Ambiente, überall standen oder hingen Gegenstände herum, die Fahrensleute von ihren Reisen mitgebracht hatten. Es gab aber nicht nur was für die Augen, auch das Essen war so gut und reichhaltig, daß hinterher für keinen Keks mehr Platz gewesen wäre.
Der Donnerstag begann wieder mit günstigem Wetter, aber bei der vorherrschenden Windrichtung NW würden wir die überfahrt nach Workum an einem Stück nicht schaffen. Wir entschlossen uns deshalb, nach Medemblik zu segeln und von dort am Freitagmorgen den Schlag an das Ostufer nach Workum oder Hindeloopen zu starten.
Zuvor gaben wir noch ein kleines Feuerwerk, denn ich hatte die Patrone unseres Gaskochers getauscht und dabei war eine Dichtung verrutscht. Beim Anzünden schlugen plötzlich gelbe, rußige Flammen aus dem Gehäuse. Mit einem Fußtritt beförderte ich den Feuerball in das Hafenbecken und drückte ihn solange unter Wasser, bis die Flammen erstickten. Reinhard hatte noch eine Patrone übrig und ich bekam nach einiger Zeit den Kocher wieder in Gang. Es war nichts passiert und der Morgenkaffee gesichert.
Wir nahmen uns dann noch die Zeit, uns Enkhuizen näher anzusehen. In der Nähe des Hafens gibt es ein großes Freiluftmuseum, in das ein ganzer Stadtteil integriert ist und in dem man einen Einblick bekommt, wie hier die Leute vor Generationen gelebt haben. Dazu muss man aber auch Zeit haben. Enkhuizen war einmal die reichste und mächtigste Stadt an der Zuidersee und das sieht man überall. Damals hatte sie auch viermal mehr Einwohner als heute.
Wir hatten nur noch Zeit für einen Besuch im Schipperscafe ´t Ankertje neben der Zufahrt zum Alten Hafen und gegenüber der Drommedaris, das Wahrzeichen der Stadt. Der riesige Turm schützte früher die Hafeneinfahrt.
Dann hieß es aber ablegen, Kurs Medemblik. Der Wind hatte nach NO gedreht und wehte mit Stärke 3-4. Das könnte eine schnelle Fahrt werden. Wurde es auch. Wir passierten die Tonne KG und segelten dann Kurs 30° auf das Ijsselmeer hinaus, um genug Höhe zu gewinnen und nach dem Umlegen mit einem Schlag Medemblik anlaufen zu können. Das Großsegel hatten wir nicht gerefft und die Genua ganz ausgerollt. Wenn der Wind nicht noch zulegt, wird das Segeln vom Feinsten. Etwa bei der Position 54° 45′ N und 5° 26′ O legten wir um auf Kurs 300° nach Medemblik.
Es wurde eine Rauschefahrt, wie ich sie noch nicht in einem L17 erlebt hatte. Wir segelten halben Wind auf Backbordbug, saßen beide auf der hohen Kante und der Außenborder und die gut gefüllte Backskiste waren ebenfalls auf unserer Seite. Das Ruder und das Schwert begannen zu vibrieren, immer öfter kam die Gischt von vorne über uns hinweg, aber alles blieb beherrschbar und viel zu schnell erreichten wir den Hafen von Medemblik, wo wir schon um 14.40 Uhr anlegten.
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Auch Medemblik war voll, aber für uns fand sich auch dort noch eine Ecke, im wahrsten Sinne des Wortes. Hier war es ungemütlich und wir waren froh, daß es am nächsten Morgen weiter gehen sollte.
In der letzten Ecke des Pekelharinghaven Medemblik
Die geplante Überfahrt von Medemblik nach Workum würde nass werden, das war uns schon vor der Abfahrt klar. Der Wind blies bereits am Morgen mit 5 Beaufort und der Himmel hatte sich mit dunklen Wolken zugezogen. Aber es nutzte nichts, wir mussten rüber, der Urlaub ging zu Ende.
Wir banden ein Reff in das Groß und wollten die Genua nur halb ausrollen. Nachdem wir unter Motor aus dem Hafen gefahren waren, hielten wir die Boote im Wind und setzten die Segel. Das gereffte Großsegel stand eigentlich ganz gut, aber die halb ausgerollte Genua zog nicht richtig und begann häufig zu schlagen. Für die Genua gilt: entweder ganz oder gar nicht. Beim nächsten Törn habe ich eine kleine Fock dabei. Das ist auf diesem Revier immer noch Tuch genug.
Die ersten Meilen waren bei Windstärke 5 gut zu segeln und die Wellen waren noch nicht so hoch. Wir mussten allerdings alles Gewicht auf die hohe Kante bringen, denn wir segelten auf Steuerbordbug so hoch am Wind wie möglich. An der Steuerbordseite hing aber auch der Motor und befand sich die Backskiste mit dem Tank und allem Möglichen darin. Wenn wir trotzdem den Kurs 45° halten könnten, müsste es bis Workum auf einem Bug reichen.
Je weiter wir aber in das freie Gewässer kamen, umso höher wurden die Wellen und allmählich zogen Reinhard und Heide davon. Die hatten mit ihrer Fock die bessere Besegelung für diese Bedingungen. Es war aber ein gewohnter Anblick: Bei den Regatten sehe ich die Gurke auch nur von hinten .....
Trotz der hohen Wellen und der Gischt, die immer wieder über uns hereinbrach, hatten wir nie das Gefühl, daß das Boot mit diesen Bedingungen überfordert war. Auch meine Vorschoterin Jutta hatte kein Problem und wollte mich sogar am Ruder ablösen. An einen Positionswechsel auf dem Boot war aber jetzt nicht mehr zu denken.
Wir kamen nicht allzu schnell voran, denn immer häufiger blieben wir in einem Wellental stecken und dann war über uns und um uns nur Wasser. So ging es weiter, bis ich am Horizont zum ersten mal den Kirchturm von Hindeloopen erkannte. Hindeloopen liegt wenige Meilen unterhalb von Workum und wir hielten darauf zu, denn Workum würden wir unter diesen Bedingungen nicht mehr erreichen. Wir hätten kreuzen müssen.
Etwa 3 Seemeilen vor Hindeloopen passierte es dann: Am unteren Ruderbeschlag hatte sich eine selbstsichernde!! Mutter aufgedreht, die Schraube rutschte nach außen und der untere Beschlag brach ab. Das Ruderblatt drehte sich zur Seite und nahm auch den oberen Beschlag mit. Schnell hob ich das Ruder in die Plicht und klappte den Motor nach unten. Zum Glück sprang er sofort an, Jutta hatte schon die Genua eingerollt und wir bargen das Großsegel.
Jetzt war Schluss mit Lustig, denn Marilyn war ohne Ruder, nur mit dem Motor, kaum auf Kurs zu halten. Obwohl wir beide ganz hinten saßen, tauchte der Propeller immer wieder aus dem Wasser und die Wellen bestimmten dann die Fahrtrichtung.
Ich schaute nur noch auf den Kirchturm von Hindeloopen und hielt darauf zu, so gut es ging.
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Die Marilyn auf dem Weg nach Workum, im Hintergrund das Westufer mit Medemblik.
Wenig später war zum Fotografieren keine Hand mehr frei.
Marilyn
Reinhard und Heide hatten mittlerweile die Hafeneinfahrt fast erreicht und gesehen, daß wir ohne Segel fuhren. Sie warteten vor der Einfahrt und fuhren große Kringel, so gut es ging. Die Einfahrt ist sehr eng und bei diesen Wetterverhältnissen erst spät zu sehen. Als wir endlich davor angelangt waren, gab ich Vollgas, um bei dem starken auflandigen Wind nicht noch querzutreiben. Wir behielten die Richtung und dann waren wir durch.
Reinhard hatte die Formalitäten beim Hafenmeister schon erledigt und wir bekamen zwei Liegeplätze inmitten der großen Yachten, die bei diesem Wetter alle im Hafen geblieben waren.
Es war erstaunlich wenig Wasser im Boot, aber die Schlafsäcke und die Unterlagen hatten reichlich Feuchtigkeit aufgenommen und deshalb räumten wir alles aus und banden es zum Trocknen am Steg fest. Der Wind war immer noch so stark, daß alle Sachen bis zum Abend trocknen würden.
Auch die Backskiste räumte ich aus und als ich den Benzintank öffnete und hineinschaute, bekam ich eine Gänsehaut: Der Boden des Tanks war nur noch feucht. Nicht auszudenken, wenn der Motor vor der Hafeneinfahrt stehen geblieben wäre. Noch eine weitere Lehre für den nächsten Törn!
Reinhard wäre nicht Reinhard, wenn er nicht auch noch Ersatz-Ruderbeschläge dabeigehabt hätte. Am nächsten Morgen waren die neuen Ruderbeschläge dran. Die abgedrehte Mutter fanden wir im Boot und so ließ sich der Hergang der Havarie auch erklären.
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Im Yachthaven Hindeloopen - das Ruder ist ab
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Abends hatten wir mal keine Lust auf einen Restaurantbesuch, denn Heide besaß noch bedeutende Rose´-Vorräte und andere Leckereien und so feierten wir ein zünftiges Bordfest in der Gewissheit, den Törn zu einem guten Abschluss gebracht zu haben. Wohl manch einer der Yachties, die an unserem Liegeplatz vorbeigingen, hätte sich gerne dazugesetzt.
Gemütlichkeit in der Kajüte
Am Samstagmorgen, unserem letzten Urlaubstag, war das Wetter immer noch dasselbe, es regnete und der Wind blies mit Stärke 5 bis 6, in Böen 7 in die Hafeneinfahrt hinein. Auslaufen mit unseren Booten war unmöglich und jetzt hatten wir ein Problem, denn im Jachthaven Hindeloopen gibt es keine Slipanlage. Der Hafenmeister verlangte für die Benutzung des Krans 100 € pro Boot und gab uns gleich den Tipp, mit dem anderen Hafenmeister, der hier von Morgens bis Abends in großer Uniform herumläuft und alles regelt, zu reden, damit er uns die Schleuse zum Binnenhafen öffnet, denn dort gibt es eine Slipanlage.
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Der große Meister über alles hier ließ sich nicht zweimal bitten, machte mit uns eine Uhrzeit ab und mit gelegten Masten fuhren wir vor die Schleusentore. Das Schleusen klappte problemlos für ein paar Euros und nach kurzer Fahrt waren wir schon im Binnenhafen an der Slipanlage.
In der kleinen Schleuse zum Hindelooper Binnenhafen
Jetzt müssen wir nur noch nach Workum kommen, um unsere Autos mit den Trailern zu holen. In der Nähe sahen wir eine kleine Tankstelle mit Werkstatt. Die Mitarbeiter des kleinen Betriebes machten gerade Pause und so fragten wir in die Runde, wer uns nach Workum fahren könnte.
Natürlich niemand, aber wir ließen nicht locker und dann hatte einer der Mechaniker ein Einsehen und beauftragte seine Freundin, die hier auch arbeitet, uns zu fahren.
Kurze Zeit später waren wir in Workum, bezahlten die Freundin und beim Hafenmeister noch unser Standgeld und sonstige Gebühren und fuhren nach Hindeloopen zurück.
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Die Vier vom Ijsselmeer
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Der Rest war Routine. Als die Boote reisefertig auf den Trailern standen, tranken wir im Wohnmobil zusammen noch einen letzten Kaffee und verabschiedeten uns.
Insgesamt hatten wir übrigens 84 Seemeilen unter Segeln und Motor zurückgelegt.
Wir kamen alle gut nach Hause und so fand die Unternehmung einen guten Abschluß. Das einzig schlechte an diesem Törn war das Wetter, aber es hat uns die Stimmung nicht verderben können und wir haben jeden Tag das Beste aus der Situation gemacht.
Einige Dinge sind aber wichtig, damit so etwas zur Zufriedenheit aller funktioniert: Man sollte Spaß haben am einfachen Leben und auf jeglichen Komfort in dieser einen Woche verzichten können. Es ist ein Leben ohne Stehhöhe auf engstem Raum. Daß man sich dabei mit seinem Partner gut verstehen muss, ist Bedingung. Auch sollte man seefest sein und keine Angst vor Gewässern haben, auf denen man das Ufer nicht mehr sieht.
Heide und Reinhard, die als die Revierkenner auch die Leitung des Törns hatten, muss ich ein dickes Kompliment machen. Sie taten dies mit viel Umsicht, nie kam Hektik auf, nie fiel ein böses Wort. Die beiden hätten noch die letzte Tasse Kaffee mit uns geteilt und Reinhard wusste, was am Boot als erstes kaputtgeht.
Das schlechte Wetter wurde sowieso woanders gemacht.
Die Friesen habe ich als nette, hilfsbereite und freundliche Leute kennen gelernt, bei denen man sich willkommen fühlt. In schlechter Erinnerung bleibt mir nur ein deutscher Eigner, der im Hafen von Hindeloopen eine riesige, fast 1,5 m² große Deutschlandflagge in den Masttopp seiner fetten Yacht gezogen hatte und diese dort auch über Nacht stehen ließ. Beschämend.
Als ich zuhause mein Boot ausräumte, wäre ich am liebsten sofort wieder hin gefahren in dieses Paradies für Wassersportler.
Ich muß warten bis zum nächsten Jahr.