Viel Wasser und wenig Wind. Die Ranglistenregatta und die Saarlandmeisterschaft 2019 in Bosen

Bericht von Peter Ohl

Das Wasser auf dem Bostalsee kräuselte sich am 03. August, unserem Regattawochenende, so, als wäre dieser ein Gartenteich und nicht der größte saarländische Stausee. Das ist hier nicht ungewöhnlich, entweder gibt es gar keinen Wind oder es fetzt richtig mit starken Böen. So war es auch am 18. August, aber dazu später mehr am Ende des Berichts.
Jammern wir also nicht, daß sich das Wasser an unserem Regattawochenende nur kräuselte. Es hätte schlimmer kommen können!
Immerhin haben wir drei Läufe hinbekommen.
Neun Boote lagen am späten Samstagvormittag im Wasser und warteten auf den Wind – und auf das zehnte Boot. KW Linz hatte schon vorher angekündigt, daß er an der Regatta starten will, aber sein Boot nicht mitbringen kann. Er hatte so starke Schmerzen im Rücken, daß er dazu nicht in der Lage war. Er kam trotzdem mit Priscilla an den See und wir machten uns auf die Suche nach einem Boot für die Beiden. Das sollte nicht so einfach werden und wir wollten schon aufgeben, als es uns in einem letzten Versuch gelang, von einer Seglerin des AKAWAC telefonisch die Zusage zu bekommen, ihren 517er, der an einer Steganlage festgemacht war, für die Regatta segeln zu dürfen.
Das war eine schöne sportliche Geste der Dame und alles andere als selbstverständlich. Tarzan, der Platzwart, hat ihr mittlerweile als Dankeschön von uns eine Flasche Crémant überbracht. Wenn ich sie mal auf der Basis treffe, werde ich sie zu einem Kaffee einladen. Mindestens.
Dem Boot fehlte nichts und wir hatten es schnell startklar gemacht. Karl-Wilhelm biss die Zähne zusammen und segelte mit Priska auf dem zehnten Boot zum Startschiff. Der Wind hatte leicht aufgefrischt und es konnte endlich losgehen.
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Das stählerne Startschiff des YCSB, das seinen Liegeplatz in Bosen hat. Der Wettfahrtleiter kann von hier das Teilnehmerfeld gut überblicken.
Der Wind blies jetzt mit 1-2 Bft aus nördlicher Richtung und Jürgen Feuerhake konnte das Starterfeld um 14:03 Uhr pünktlich auf die Reise schicken.
Langsam ging es bei unbeständigem Wind auf die Tonne 1 zu. Dort gab es wieder das übliche Gerangel, das einfach zu einer Regatta gehört wie die Vorfahrtregeln und der Strafkringel.
Bei ein bis zwei Beaufort Wind hält sich die Spannung während einer Regatta sehr in Grenzen, so daß ich in diesem Bericht den Umstand nutzen will, daß mir Gerhard Marake alle Fotos, die er auf dem Startschiff und dem Motorboot geschossen hat, zur freien Verfügung stellte. Gleich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank dafür. Er hatte auch viel Zeit zum Fotografieren, denn seine Frau gab auf der Marilyn ihr Bestes.
Jetzt gibt es mal einige Bilder zu den Namen, die sonst immer im Text oder in der Ergebnisliste erscheinen.
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Hier sehen wir den eisernen Karl-Wilhelm Linz, der eigentlich nur die Linie beim Start zum ersten Lauf hätte überfahren sollen, dann aber mit zusammengebissenen Zähnen alle Läufe auf einem fremden Boot mitsegelte. Er hatte mit Priska auch eine gute Vorschoterin an Bord.
Das Regattafeld zog sich mittlerweile etwas auseinander, weil die Boote, die ohne Spinnaker fuhren, keine Chance hatten, am Feld dranzubleiben. Für Peter Mehs war es diesmal nicht so einfach, an der Spitze zu segeln, denn mit Oliver und Marten Becker folgten ihm zwei gute und kompromisslose Regattasegler, wobei vor allem Oliver seine lange Erfahrung als Steuermann zeigen konnte.
Die Seglerinnen und Segler aus der Familie Becker sind eben bei allen Regatten, die sie segeln, nur auf den vorderen Plätzen zu finden.
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Hier kämpft 'Papillon' mit Oliver und Marten gegen 'Cornichon' mit Peter und Reinhard um die Plätze. Es ist enger geworden an der Spitze, denn der ehrgeizige Heinz Dochnahl mit seinem Vorschoter Roman Becker bleibt an der Spitze dran. Roman kennt sicher jeder. Der hat seine Ausbildung als Vorschoter bei seinem Vater Willi Becker, einer lebenden Legende in der 517er Szene, gemacht und viele Ranglistenregatten gewonnen. Auf diesem Foto sieht man auch deutlich, wie die beiden Boote mit ihren Spinnakern den leisesten Windhauch einfangen konnten.
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Erfreulich war auch, daß Jupp Engstler mit seiner 'Quo vadis' und Claudia Fuchs als Vorschoterin mal wieder dabei waren. Es sind noch zwei Regatten zu segeln, Jupp. Wie wär’s? So schlecht lief es ja gar nicht für Dich. Du müsstest Dir nur besser den Kurs merken.
Die drei Läufe am Samstag bekamen wir gerade so hin und damit zählte auch diese Regatta für die Rangliste. Peter Mehs und Reinhard Harig waren auch diesmal nicht zu schlagen und gewannen alle Läufe.
Bei insgesamt neun gewerteten Läufen in drei Regatten gibt es auch schon eine vorläufige Rangliste, die allerdings mit drei Seglern noch recht kurz ist. Viel zu kurz, wie ich meine. Auch deshalb mein Appell an alle Aktiven: Zwei Regatten sind es noch in dieser Saison. Kommt an den Silbersee und nach Losheim, damit es noch einmal etwas spannend wird in der Rangliste und wir eine schöne Saison 2019 abschließen können.
Das Frühstück am Sonntagmorgen war übrigens der Höhepunkt des Tages, denn der See war wieder spiegelglatt, so daß Jürgen Feuerhake nach gebührender Wartezeit die Regatta beendete und wir einpacken konnten.
Wenig erfreulich war das Ende der Regatta für Bernd Kußmann, der sich nach dem Zieldurchgang des dritten Laufs auf seinem Boot verletzte und das Ruder seiner Vorschoterin Christine übergeben musste. Die Beiden warteten die Siegerehrung nicht mehr ab und fuhren gleich nach Hause. Gerhard und Birgit Marake erklärten sich bereit, die 'Rosenwind' mitzunehmen und in Roxheim beim WSV abzustellen. Ende gut, alles gut, denn als Bernd erfuhr, daß sein Boot unbeschadet in Roxheim steht, ging es ihm auch gleich wieder besser.
Birgit ist mittlerweile unserer Klassenvereinigung beigetreten und Marilyn muss nicht mehr vor jeder Regatta auf Vorschoter-Suche gehen.
Zum Ende dieses Berichts noch einige Fotos von der Saarlandmeisterschaft.
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Marilyn mit ihrer neuen Vorschoterin Birgit auf dem Weg zum Startschiff vor dem ersten Lauf.
Für Birgit ist es die erste Fahrt mit dem Spinnaker unter Regattabedingungen.
Daß sie das hinbekommt, sollte sich schon bald zeigen. Was noch fehlt, ist Training und Routine.
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Bernd Kußmann mit Christine Dörsam. Daneben Peter Mehs und Reinhard Harig. Beide Boote haben eine Segelführung wie aus dem Lehrbuch.
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Karl-Wilhelm und Priscilla 'Priska' Linz
Bolero, das Clubboot des RSCL mit Stephan und Jan Hammer
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Oliver und Marten Becker in Aktion
Dieter Jung und Michael Hwasta vom Silbersee mit ihrem 510er.
Die Beiden sind auch bei der letzten Regatta in Losheim herzlich willkommen.
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Dittmar- und Nico Dahm. Die Beiden starten meistens nur in Bosen. Leider.
Heinz Dochnahl und Roman Becker. Ein gutes Boot, ein
gutes Team und immer vorne dabei.
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Unser Maskottchen Snoopy
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Das sind alle Beteiligten der Saarlandmeisterschaft mit Wettfahrtleiter Jürgen Feuerhake (links)
Zum Schluß möchte ich noch erzählen, wie es war am 18. August, als es im Saarland an vielen Orten schwere Sturmschäden gab und auf dem See außer einigen guten Surfern niemand zu sehen war.
Wieder einmal bin ich gegen jede Vernunft und wider besseres Wissen allein rausgefahren. Dabei blies ein echter Starkwind über den See mit 180°-Drehern und schweren Böen. Die Wellen waren ungewöhnlich hoch und hatten weiße Kronen. Obwohl ich nur das Großsegel gesetzt hatte und den Traveller immer ganz in Lee fuhr, war das Boot kaum zu halten und nach zwei Stunden hatte ich genug und nahm wieder Kurs Richtung Basis. Allerdings musste ich zunächst kreuzen, denn von dort, wo ich hinwollte, kam der Wind. Drei Segler, die mit ihrem Katamaran kurz nach mir ablegten und ebenfalls die Herausforderung suchten, sollte es ganz hart treffen. Die Drei standen alle auf dem Luvschwimmer und die Wellen waren mittlerweile so hoch wie auf dem Ijsselmeer. In eine dieser Wellen stachen sie mit dem Leeschwimmer hinein und überschlugen sich nach vorne. Passiert war ihnen nichts, aber sie schafften es nicht mehr, den Katamaran aufzurichten. Die Rettungsschwimmer der DLRG, die während der ganzen Zeit in ihrem großen Motorboot saßen und das Treiben der Bekloppten auf dem See beobachteten, kamen ihnen zu Hilfe. Es gelang ihnen, den Kat wieder aufzurichten und schleppten ihn mit der Besatzung, die fix und alle war, zurück in die Basis.
Der Wind hatte mittlerweile wieder gedreht, kam jetzt von achtern und ich rauschte ebenfalls zurück zu meinem Steg und wollte am Kopfende anlegen, um das Großsegel bergen zu können. Der Wind hatte hier etwas nachgelassen, ich machte eine Halse und fuhr gegen den Wind auf den Steg zu. Ich wollte gerade aufstehen, um nach vorne zu gehen und das Boot abzufangen, als der Wind plötzlich um 180° drehte und eine gewaltige Böe, die schräg von achtern kam, das Großsegel auf die andere Seite schlug, daß es nur so krachte. Es könnte sich um eine Fallböe oder sogar um einen "Downburst", die noch stärkere Form davon, gehandelt haben. Sie waren an diesem Tag vermehrt im Südwesten Deutschlands aufgetreten.
Woher ich den Reflex nahm, den Kopf einzuziehen, weiß ich nicht. Ohne diese glückliche Fügung wäre die Saison in diesem Moment für mich zu Ende gewesen, wenn nicht sogar Schlimmeres. Der Lümmelbeschlag am Mast ist nur minimal verbogen, den Großbaum und das Segel werde ich mir noch ansehen müssen. Eine Regatta zu segeln wäre unter diesen Bedingungen jedenfalls nicht möglich gewesen. Auch mehrere Anker hätten das Startschiff nicht auf seiner Position halten können. Das alles war mir eine Lehre, denn ich hatte unglaubliches Glück. Beim nächsten mal lasse ich den Wind herumtoben, schaue über die schönen hohen Wellen hinweg, freue mich darüber, daß Marilyn gut festgemacht am Steg an den Leinen herumzerrt und gehe zu Jürgen ins Regattahaus Kaffee trinken. Vielleicht hat er sogar ausnahmsweise mal Kuchen...
Als ich nach Hause fuhr, stellte ich mir immer wieder vor, wie jetzt mein Kopf aussehen könnte.
Meine relativ neue Genua habe ich mir hier übrigens beim Einhandsegeln unter ähnlichen Bedingungen ruiniert. Ich hoffe, daß die reparierten Risse bis zum Saisonende nicht noch weiter aufgehen, denn jedes Boot an der Startlinie zählt.
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Marilyn mit Spinnaker
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Le Cornichon, "die Essiggurke", und Papillon, der "Schmetterling".